Damwildparadies-in-Ungarn-Teil1-2

Damwildparadies in Ungarn Teil 1-2

Mit jedem Tag wird die Pflanzendecke des Waldes bunter und der eintreffende Oktober bringt das schönste und am meisten erwartete Fest des Gúther Waldes mit sich… die Zeit der Damwildbrunft.

Wenn der Hirsch den von ihm als optimal angesehenen Ort erreicht, beginnt er damit eine Brunftkuhle zu schlagen. Mit seinen Vorderbeinen gräbt er eine kleine Mulde in den Boden, die er so gut wie möglich mit dem Geruch seiner Körperflüssigkeiten zu markieren versucht. So macht er seinen territorialen Anspruch auf die ausgewählte Brunftkuhle deutlich, bzw. versucht er mit diesen Geruchsstoffen und seiner Stimme geschlechtsreife Damtiere anzulocken. Wenn er sein Gebiet entsprechend markiert hat und als sein eigenes betrachtet, gibt er grunzende Kehllaute, seinen Brunftruf von sich und ruft damit paarungsbereite Tiere zu sich.

Nun nähern sich die Tiere dem Befehl der Natur und dem Ruf der Hirsche nachgebend den Brunftplätzen, um unter den dort versammelten Hirschen den für sie über die einnehmendsten Eigenschaften verfügenden Vaterkandidaten auszuwählen.

Die sich in voller Kraft befindlichen großen Schaufler befinden sich meist zentral auf dem Brunftplatz, weshalb die meisten Tiere dorthin laufen, wo sie zwischen Hirschen mit den besten Eigenschaften wählen können. Umso einvernehmender der Ruf, das Äußere und das Verhalten eines Hirschs ist, umso mehr geschlechtsreife Tiere versammeln sich um ihn.

Jüngere oder über weniger gute Eigenschaften verfügende Hirsche müssen mit Plätzen an den Rändern der Brunftterritorien vorlieb nehmen, da die älteren und kräftigeren Konkurrenten sie von den vorteilhaften, zentral liegenden Plätzen verdrängen.

Da die wirklich frequentierten Brunftplätze stark überlaufen sind, müssen die Hirsche ihre bereits eroberten Positionen mit häufigen Kämpfen immer wieder auf‘s Neue gegenüber den ständig neu eintreffenden Eindringlingen verteidigen. Zuerst schreiten sie einander nicht aus den Augen lassend parallel zueinander hin und her, um die Kräfteverhältnisse zu ermessen. Wenn keiner von ihnen zurückweicht, stoßen sie mit großer Vehemenz zusammen, um im Kampf ihr Können unter Beweis zu stellen.

Die Paarungszeit im Oktober bedeutet für die Hirsche eine ernste physische Belastung. Das beinah pausenlose Rufen, das ständige Prüfen der in der Nähe befindlichen Tiere, bzw. das Decken von paarungsbereiten Tieren verbraucht an sich sehr viel Energie. Und dazu kommt noch, dass der Hirsch ständig die Herrschaft über seinen Brunftplatz bewahren muss. Für diesen muss er mehrmals bis aufs Blut gegen ähnlich starke Gegner kämpfen. Dieses wochenlange, 24 Stunden tägliche, aktive Verhalten ist eine extreme Kraftprobe der Hirsche.  Außerdem ersetzen sie die verbrannten Kalorien nicht, da sie sich in dieser Zeit überhaupt nicht ernähren. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass zum Ende der Brunft aktivere, dominante Hirsche bis zu einem Drittel ihres Körpergewichts verlieren können. Die paarungsbereiten Damtiere versammeln sich um den Hirsch und erlauben sich drehend, dass der Hirsch sie sorgfältig beschnüffelnd untersucht.

Wenn das Tier zur Paarung bereit ist, hebt es ihren Wedel an, stellt sich seitlich und knickt etwas mit den Hinterläufen ein. So vermittelt sie dem Hirsch, dass sie bereit ist. Die Damhirschbrunft im Oktober ist das größte Ereignis des Gúther Waldes. Ein lautes, leidenschaftliches Liebesgetümmel, bei dem der Arterhaltungstrieb der Hirsche alle anderen, für das Wild ansonsten wichtigen Verhaltensregeln überschreibt. Ihr Sinn für Gefahren ist stark vermindert und ihre Aufmerksamkeit richtet sich beinah vollständig auf die geschlechtsreifen Tiere und die Brunftkämpfe. Es ist also kein Zufall, dass dies für die Jäger die beliebteste Zeit ist, um die schönsten, abschussreifen Schaufler zu erlegen.

Die Aufgabe ist allerdings nicht so einfach, wie wir das zuerst vermuten würden. Die Aufmerksamkeit der Hirsche ist zwar durch die Brunft, das Umwerben oder eben den Kampf abgelenkt, jedoch ergreifen sie, sobald sie Menschen riechen, sofort die Flucht.  Ganz zu schweigen davon, dass die dominanten großen Hirsche beinah ständig von Kahlwild umgeben sind, die auch während der Paarungszeit wachsam bleiben und schon von Weitem die sich nicht mit der nötigen Vorsichtigkeit heranpirschenden Jäger bemerken. Die Jäger haben großes Glück, wenn es ihnen gelingt, sich miteinander ringenden oder zum Kampf bereit machenden Hirschen anzunähern. Bei gutem Wind können die Jäger die Schaufeln von ganz nah beobachten und wenn der begleitende Jäger die Erlaubnis zum Schuss erteilt, kann der Gastjäger versuchen, den ausgewählten Hirsch zu erlegen.

Auf den beliebtesten, den sogenannten Hauptbrunftplätzen, kommt das Damwild in großer Zahl zur lauten Hochzeit im Oktober zusammen.

In der Umgebung der derart frequentierten Stellen ist ein stetes Kommen und Gehen von Hirschen und Kahlwild, was es den Jägern erschwert, unbemerkt nah heranzukommen.

Doch auch im Falle des Gúther Damwildbestands, der von ausgezeichneter Qualität und sehr groß ist, darf man nicht denken, dass jeder Hirsch, den man vor die Nase bekommt, erlegt werden darf. Manchmal dauert es mehrere Tage voller Pirschen und Probieren, bis der den Erwartungen des Gastjägers entsprechende, abschussreife Hirsch in Sicht kommt. Der Berufsjäger muss sorgfältig abwägen, bevor er den Schussbefehl erteilt. Das Verschonen von über gute Eigenschaften verfügenden jungen und mittelalten Individuen macht es möglich, dass die Hirsche alt genug werden und nur in einem Alter von 10-11 Jahren auf dem Höhepunkt der Kulmination erlegt werden, wenn sie – zur Freude von Jägern und Wildhütern – das schönste und reifste Geweih schieben.

An den am meisten frequentierten Brunftplätzen können mehr als hundert Damhirsche zur Hauptbrunftzeit zusammenkommen. Das große Kommen und Gehen, das Einanderjagen, das Kämpfen und der ständige Lärm können für die Jäger ein wirklich außerordentliches Ereignis bedeuten, die noch keine Gelegenheit gehabt haben, im Freien und bei einer solchen Wilddichte dieses phänomenale Wunder der Natur zu erfahren.

Laien könnten glauben, dass es unter solchen Umständen ein Kinderspiel ist einen Damhirsch zu erlegen. Doch ist es für den Pirschführer keineswegs egal, welchen Hirsch er dem Jagdgast zum Abschuss zur Verfügung stellt.

Aus dem Chaos an brunftigen Tieren den Hirsch auszuwählen, dessen Alter und Geweih zusammen auch fachlich den Abschuss rechtfertigen. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist außerdem, dass die Schaufelform und die Größe des ausgewählten Hirschs auch den Vorstellungen des Jagdgastes entsprechen. Es kann leicht sein, dass man nur nach mehrfachen Versuchen ein entsprechendes Stück findet, sodass die Jäger jeden Morgen und Abend so lang suchen müssen, bis ihre Bemühungen endlich Früchte tragen.

Nach dem Erlegen eines dominanten, großen Hirsches auf einem Hauptbrunftplatz nimmt beinah innerhalb von Stunden ein weiterer über ausgezeichnete Eigenschaften verfügender Hirsch die leer gewordene Stelle seines erlegten Konkurrenten ein. Deshalb beobachten die Jagdexperten beständig die besten Plätze, damit sie aktuelle Informationen darüber haben, wo die Hirsche mit den größten Geweihen sind.

Bei der Damhirschjagd im Oktober sucht die Mehrheit der Jäger meist die über symmetrische, volle Schaufeln verfügenden Hirsche. Es gibt allerdings auch viele, die gegenüber regelmäßigen und gewöhnlich geformten Geweihen abnormal gewachsene, über eine ungewohnte Form verfügende, eventuell durch das Schieben im Alter veränderte, reife Geweihe bevorzugen.

Das Damwild findet heute dank seiner ausgezeichneten Anpassungsfähigkeit an vielen Flecken der Erde ihm geeignete Lebensbedingungen. Der zu Recht sehr berühmte Gúther Damwildbestand zählt dennoch bezüglich der genetischen Eigenschaften der Art als einzigartig, da es nirgendwo eine ähnlich hochwertige Population gibt, wie hier. Natürlich wären die Anpassungsfähigkeit und die vorteilhaften Lebensbedingungen an und für sich noch nicht ausreichend, wenn damit nicht die engagierte Arbeit der hier agierenden ausgezeichneten Forstfachleute verbunden wäre. In erster Linie ist es ihnen zu verdanken, dass dieses Jagdrevier die meisten Goldmedaillen der Welt für Damwildtrophäen  hervorbringt.

Den guten Ruf der Region tragen von Jahr zu Jahr die Jagdgäste in die Welt, die ihre schönsten Damwildtrophäen hier, im unvergleichlichen Gúther Jagdrevier, im echten Paradies für Damhirschjäger, erbeuteten.